WALKING NORTH GIRLS
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Das Fjell und die unendliche Geschichte

1/7/2016

3 Comments

 
Von der Hagesetter Touristhytter führt unser Weg weiter über das Fjell. Heute warten knapp 20 km Weg auf uns hoch zum Hjerkinnshøe. Hier steht ein Meilenstein mitten im Nichts der Landschaft. Anfangs führt der Weg noch durch Kuhlen und Hügel hoch zur Eysteinkyrkja. Hier treffen wir wieder auf Maria und Lydia aus Österreich sowie Martina aus Bayern. Die drei haben im Hinterzimmer der Kirche Platz genommen. Das Dovrefjell Pilegrimcenter hat hier eine kleine Zweigstelle, wo wir mit Tee, Kaffee, Keksen und natürlich dem Pilgerstempel versorgt werden. Wieder einmal ist die Angestellte des Zentrums so herzlich und interessiert, dass wir wohlig etwas sitzen bleiben. Wir zünden in der Kirche eine Kerze an. Es stellt sich heraus, dass Martina und Nicole das gleiche Lieblingslied haben: Das Schweizer Volkslied "Vo Bärg und Tal." Vor dem Gottenhaus singen beide herzhaft das Lied ins Tal, bevor es zum Aufstieg geht.

​Anfangs gehe ich neben Martina, die mich mit ihren 77 Jahren sehr beeindruckt. Gerne möchte ich in 40 Jahren genauso fit sein. Nun wird es steiler, Nicole geht mehrere hundert Meter vor, Martina hinter mir. Der Weg ist steil aber einfach zu gehen. So kann ich den Blick schweifen lassen. Es ist einzigartig: Ein Farbenmeer von Dunkelrot, Weiss bis Grün glitzern in der Sonne. Mein Blick geht Kilometer weit über die schneebedeckten Berge. Diese Fernsicht gemischt mit der spürbar nahen Erhabenheit der Berge ist atemberaubend. Dieser Augenblick ist für mich einer der Höhepunkte der gesamten Wanderung - alle Mühen und Rückschläge waren es wert, diesen Moment zu erfahren. Beim Weiterlaufen denke ich an die letzten Tage zurück. Die Worte des Priesters in der Fokstugu Fjellstue kommen mir in den Sinn. Er sprach von dem inneren und äusseren Weg auf einem Pilgerweg. Dass jeder die Chance hat, sein "Glas" auf dem Weg zu leeren, um es danach mit Neuem zu füllen. Mit Blick auf die Norwegischen Berge leert sich mein Glas ein Schlückchen mehr - das wird mir grad klar. Aber leer ist es noch lange nicht. Zu oft kämpfe ich noch mit Ansprüchen und Erwartungen, die ich mir selbst aufgelegt habe....Aber noch ist unser Weg nicht zu Ende....vielleicht leert sich mein Wasserglas ja noch komplett.
So atme ich tief ein und schreite positiv weiter voran. Ich sehe den Meilenstein. Noch 209 km nach Trondheim. Nicole wartet bereits und wir freuen uns. Nach einer Pause geht es nun Bergabwärts. Nach jeder Kuppe erhalten wir einen neuen Blick auf die Natur. Schroffe aber auch seicht geschwungene Berghänge liegen vor uns. Das Grün der Bäume ist so abwechslungsreich, dass es aussieht, als ob Wasserfälle aus Grün die Berge herunterfliessen. Unten angekommen geht es nochmal 3 km über Sümpfe bergauf. Kurz nach einem Gradstück sehen wir im Tal des Flusses Blæsterbekken unsere Unterkunft die Kongsvold Fjeldstue. Die damalige Poststelle ist eigentlich ein Luxushotel aber hat in einem Häuschen Schläfplätze für Pilger.

​Wir beziehen zusammen mit Stefan aus Bayern und Kathrin aus Münster ein Zimmer. Kaputt aber mit einem Lachen schlafen wir in unseren Etagenbetten ein. Plötzlich schrecken wir um 22:30 Uhr von einem Tumult im Flur der kleinen Hütte auf. Laut fluchend rennt ein Pilger im Flur rum und sammelt seine Sachen zusammen. Diese hatte er vorher wutentbrannt hier hinein geworfen. Er stört sich scheinbar daran, dass seine Zimmergenossen ein Fenster öffnen wollten? Gerade Nicole und Kathrin versuchen ihn zu beruhigen. Aber er ist ausser sich und will die über 20 km und über 1.000 Hm in die nächste Hütte laufen. Wir verstehen die Welt nicht mehr. Diese Szenerie steht im totalen Gegensatz zu allem, was wir bisher an Fröhlichkeit und Achtsamkeit auf dem Weg erlebt haben. Trotz unserer Schlichtungsversuche verlässt er die Hütte. Nun gut, er ist alt genug und dunkel wird es ja schliesslich nicht. Aufgeregt sitzen wir noch lange in unseren Schlafsäcken und versuchen zu verstehen... Nach kurzer Nacht wartet auf uns ein super Frühstück, welches wir in dem luxuriösen Speisesaal mit anderen Gästen einnehmen. Super Sache von dem Eigentümer uns Pilger mit teilweise verschmutzten Hosen zu verköstigen.
Zusammen mit Stefan und Kathrin machen wir uns wieder auf. Erst folgen wir der Strasse, um dann wieder steil auf das Fjell zu gehen. Auch dieser Tag verwöhnt uns mit tollen Aussichten. Nicole ist begeistert und fühlt sich in die Filmkulisse von "Die unendliche Geschichte" versetzt. Sie sieht Atréju auf seinem Pferd gefolgt von Bastian auf dem Rücken von Fuchur über die Landschaft reiten.
Mittags machen wir Rast an einer idyllischen Berghütte. Erst am späten Nachmittag erreichen wir das Ryphusan Refugium. Eine Alphütte ohne Strom und fliessend Wasser. Der Innenraum der Hütte ist irre gemütlich. Stefan schleppt schon seit Tagen 750 g Pasta, die Nicole mit Mais und Tomatensauce uns serviert. Einfach gut.
Am nächsten Morgen steht eine 28 km Etappe auf dem Plan. Eigentlich wollten wir nicht mehr so lange Strecken laufen, aber manchmal geht es nicht anders. Grundsätzlich geht es uns körperlich grad gut, ausser dass meine Ferse hin und wieder zwickt. Aber jeden Abend eisern dehnen hilft. Trotzdem versuchen wir an diesem Tag jede Abkürzung mitzunehmen. Dies geht aber meistens nach hinten los. Erst müssen wir eine enge Stelle an einer Steilwand passieren. Nicht gerade toll für Nicole und Kathrin, die beide Höhenangst haben. Dann kommen wir nicht über einen Fluss. Also Schuhe aus, Latschen an und wir waten durch den eiskalten Fluss. Bei der nächsten Abkürzung stehen wir vor eingezäunten Gleisen und müssen umkehren. Soviel zu dem Versuch Kilometer einzusparen. Vor Oppdal passieren wir eine wunderschöne Kapelle, bevor uns das Tal zurück hat. Nach 7 km Asphalt erreichen wir total fertig Oppdal. Wir machen hier einen Tag Pause, so müssen wir uns von Kathrin und Stefan verabschieden.

​Bis bald ihr beiden. Es war schön mit Euch zu laufen.
by Danni
3 Comments
AchimKolen
1/7/2016 10:25:58

Hallo Ihr tollen Wanderfrauen,
immer wieder mit Freude lese ich eure Berichte. Schön wenn ihr gut weiterkommt. Ich habe einige eurer Stationen auf Google Earth verfolgt. Da sieht das alles so einfach aus. Wenn mich denn euren Bericht lese, die Distanzen wie einmal die 28 km ist das schon was anderes. Und wenn ihr dann versucht abzukürzen und es geht schief, das ist dann bitter. Meine Anerkennung. Was mich in der Nachricht am meisten verwundert hat, eine Frau 77 Jahre wandert in der Gegend. Da kann man nur staunen und Gratulieren. Wandern auf normalen Wanderwegen, wie ich sie hier kenne ist etwas anderes, als so über die Steine und den losen Schotter zu laufen, wie man sehen konnte. Die Bilder sind absolut Klasse, da bekommt mal richtig Lust. Noch ein blöder Spruch, der mir nur sinngemäß einfällt. Der weiteste Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt. Da denke ich an die Probleme die ihr gemeistert habt und wie ihr immer wieder aufgebrochen seid. Meine Anerkennung.
Der Achim aus Köln

Reply
marlies
10/7/2016 22:02:15

Hallo achim. Lese immer deine aufmunteren kommentare. Natuerlich auch die supertollen berichte von danni und nicole. Ebenso die super bilder von den beiden. Ich denke dass war bis jetzt eine tolle leistung. Da koennen wir nur gespannt sein wie es weiter geht.

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Edgard Raets
28/7/2016 09:57:33

Hi Daniela and Nicole,
Nice blog...long distance and nice foto's.
But the truth about the window that may not be closed is not correct.
The women in the room woud that the window stay open, i had no problem with that, the only thing i would was to closed the roller blind for the light and the wind because i was sleeping with my head at teh window side. She would not make any compremise. The window as well the roller blind must stay open frim her!! For me it was the window open and the roller blind closed, or the window closed and the roller blind open. And she would only what she want. No questions, no compromisses.That is the reality of that story. She was a very egoistic woman. I am normaly an gently man, but i hate that kind of people who only thinking on thei rone small person. How ever...i wish you both a nice trip to the Nord Cape.
Edgard ;-)

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